Sündigt man, wird blind oder süchtig von Masturbation?
Muss man sich schämen, weil man sich selbst anfasst und Spaß dabei hat?
Nein, natürlich nicht. Aber woher kommt diese Scham und negativen Assoziation zur Selbstbefriedigung? Warum ist es tabu in unserer Gesellschaft offen und entspannt darüber zu sprechen?
Zunächst einmal sollten wir vielleicht einmal klären was ein Tabu eigentlich ist
Laut Wikipedia: „Ein Tabu beruht auf einem stillschweigend praktizierten gesellschaftlichen Regelwerk bzw. einer kulturell überformten Übereinkunft, die bestimmte Verhaltensweisen auf elementare Weise gebietet oder verbietet. Tabus sind unhinterfragt, strikt und bedingungslos. (..) Dabei bleiben Tabus als soziale Normen unausgesprochen oder werden allenfalls durch indirekte Thematisierung (z. B. Ironie) oder beredtes Schweigen angedeutet: Insofern ist das mit Tabu Belegte jeglicher rationalen Begründung und Kritik entzogen.“
Vor allem der letzte Satz sollte uns doch zu denken geben! „Insofern ist das mit Tabu Belegte jeglicher rationalen Begründung und Kritik entzogen.“ Ganz rational begründet gibt es absolut keinen Grund warum wir nicht immer und zu jeder Zeit masturbieren, wenn uns danach ist. Das ist nämlich nach aktuellem Stand der Wissenschaft völlig unbedenklich und sogar gesund, sofern nicht eine echte Sucht vorliegt. Süchtig sind wir aber nur dann, wenn wir nicht mehr anders können. Eben so, wie regelmäßig ein Stück Schokolade zu essen oder ein Glas Rotwein zu trinken unter Genuss zählt, täglich tafelweise Schokolade oder literweise Wein in sich hineinzukippen fällt allerdings unter Sucht.
Aber zurück zur Selbstbefriedigung. Wie kam es überhaupt dazu, dass wir das Gefühl haben „das macht man nicht“, dass es uns peinlich ist, darüber selbst mit den besten FreundInnen zu sprechen und wir vor Scham im Boden versinken würden, sollte uns mal jemand dabei erwischen?
Eins steht fest, Solo-Sex ist mit Sicherheit so alt wie die Menschheit selbst. Aufzeichnungen darüber gibt es erstmals bei den alten Ägyptern. Sie glaubten, dass der erste Gott Amun das Universum durch die Ejakulation beim Masturbieren erschaffen hat. Selbstbefriedigung war also auch für die alten Ägypter etwas absolut Göttliches. Sie entwickelten auch die ersten Dildos aus Ton und Kleopatra soll sich mit einer mit Bienen gefüllten Papyrusrolle, die durch das Summen der Bienen leicht vibrierte stimuliert haben (das ist aus Tierschutzgründen nicht mehr zu empfehlen, glücklicherweise können wir heutzutage auf jede Menge Sextoys zurückgreifen).
Auf einem 3000 Jahre alter Papyrusstück werden erotische Szenen dargestellt.
Auch Sex in der Antike war alles andere als ein Tabu. Hier gehörte offene Sexualität zur Gesellschaft ganz selbstverständlich dazu.
Wo liegt also der Ursprung unserer tief verankerten Scham? In Machtausübung und Religion.
Spätestens mit dem Ausschnitt der Bibel im alten Testament, 38stes Kapitel der Genesis-Erzählung, als Onan (hebräisch: Zeugungskraft) auf die Erde ejakulierte und Gottes Zorn auf sich zog, der ihn dann tötete…
Diese und andere Stellen der Bibel wurde dann so interpretiert: Sex ist nur für Eheleute und dann bitte auch nur zur Zeugung von Kindern. Verhütung, Selbstbefriedigung und Sex als Unverheirateter sowie Ehebruch, sind schwere Sünden, die bestraft werden müssen.
So wurden im Laufe der Jahrhunderte abertausende von Menschen hingerichtet, gefoltert, bestraft oder geächtet, nur weil sie ihrer Lust nachgegangen sind. Im Übrigen zur großen Mehrheit Frauen. Wehe denen, die nicht bis zur Ehe jungfräulich blieben oder sogar unverheiratet schwanger wurden. Sich selbst anzufassen und auch nur lüsterne Gedanken zu haben galt bereits als große Sünde.
Das war ein Werkzeug des Patriachats Frauen zu unterdrücken und Buße/Abbitte eine große Geldquelle für die katholische Kirche.
Vieles davon hat sich in unserer westlichen Welt gottseidank radikal geändert, doch die tiefe Verankerung der Verknüpfung von freier Sexualität mit Sünde vor allem für uns Frauen bleibt.
Wir haben es aber in der Hand diese Einstellung zu ändern. Für uns selbst und die Generationen nach uns.
Hier einige Gründe selbst Hand anzulegen:
Selbstbefriedigung schüttet Glückshormone aus und baut Stress ab.
Wir wissen besser was uns gefällt und somit wird auch der Sex mit dem Partner besser.
Krämpfe können gelöst und Menstruationsbeschwerden gelindert werden
Wir nehmen uns Zeit für uns selbst und unseren Körper.
Wann, wie oft und warum wir uns selbst befriedigen oder nicht bleibt natürlich uns selbst überlassen. Es gibt aber keinen Grund sich dafür zu schämen und nicht darüber zu sprechen.
Offene Gespräche unter Freundinnen können so befreiend und heilsam sein. Schnell merken wir, dass wir mit unseren Gedanken und Gefühlen nicht allein sind. Dass es ganz normal ist es „sich selbst zu machen“ und wir ganz entspannt mit dem Thema umgehen können.
Also lasst dieses Tabu Geschichte werden!
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